Volksgesundheit
Zu welchem Zeitpunkt Hettlingen seinen ersten Chirurgen, vermutlich Barbierer und Schärer in einer Person, erhielt, war nicht festzustellen. Diese Berufsinhaber konnten zu Ader lassen, die Haare schneiden, Zähne ziehen, Schäden und Wunden am Gehirn und den Gelenken heilen, zwei- und dreifache Brüche behandeln. Die nicht wenigen handfest ausgetragenen Raufereien, die so genannten Schlegleten, machten zuweilen Amputationen notwendig. So erhielt etwa der erste sicher nachweisbare Schärer von Hettlingen, ]agli Schrämli, am 30. Oktober 1654 Lohn aus einem Schlaghandel. In Hettlingen begegnen wir meist nicht der Berufsbezeichnung Schärer, Barbierer oder Bader, sondern es ist fast immer vom Chirurgus die Rede.
Die innere Medizin fiel in den Bereich der Ärzte. Die Stadtärzte von Winterthur waren auch für Hettlingen zuständig. Zürich suchte freilich, sich auch für die Ausbildung der Ärzte das Monopol zu sichern. In Winterthur gelang dies der Hauptstadt nie ganz. Die Obrigkeit von Zürich rächte sich dafür, indem sie die von den Ärzten der Eulachstadt abgelegten Examina nicht anerkannte. 1635 kam es zu einer Auseinandersetzung. Die Stadtärzte von Winterthur hatten erklärt, Katharina Sulzer, die Ehefrau von Konrad Schrämli von Hettlingen, sei samt ihren zwei Kindern mit den bösen Blattern behaftet, «so man gwohnnlich die Franntzoßen nämbt». Sie hätten sich daher im Oetenbach in Zürich kurieren zu lassen. Für die Betroffenen bedeutete eine derart ansteckende Krankheit eine schwere Belastung, da im Dorf jedermann einen weiten Bogen um sie und ihr Haus machte. Für die Frau stand indessen fest, dass sich die Winterthurer Stadtärzte geirrt haben mussten. Sie wandte sich deshalb an die Sanitätsbehörde in Zürich. Diese liess Frau und Kinder genau untersuchen.
Am 3. Februar 1635 schrieben nun die «Doctores, Stadtarzt und Verordnete zur Geschouw» der Stadt Zürich an Schultheiss und Rat der Stadt Winterthur, sie hätten Frau Schrämli-Sulzer und die bei den Kinder nach zweimaligem Untersuch «gantz rein, suber und unschuldig befunnden, also das [ s] sy deßwegen under mennigklichem ungeschücht wohnen und wanndlen mögint und söllint».
Die Zürcher Ärzte bekundeten ihre Verwunderung über die Fehldiagnose der Stadtärzte von Winterthur, an der diese unverständlich hartnäckig festgehalten hätten. Die Behörde von Winterthur wurde allen Ernstes ersucht, ihre Stadtärzte anzuweisen, der Frau und den Kindern die Arztkosten nicht zu belasten und sie im übrigen unangefochten zu lassen.